Donnerstag, 29. Juli 2010

Sechsundzwanzigster Eintrag

Den gestrigen Tag verbrachten wir weitgehend unaufgeregt unten am Strand. Abwechselnd lasen oder dösten wir und gingen ab und zu zur Abkühlung eine Weile ins Meer schwimmen. Das Wetter ist schon seit Tagen gut; das heisst es ist heiss und tropisch. Irgendwann, ich war schon wieder weggedöst, klingelte unvermittelt mein Handy. Noch ziemlich benommen griff ich danach und nahm ab, ohne vorher nachzusehen, wer überhaupt dran war. Am andern Ende war meine Mutter:
«Hallo mein lieber Freund. Du klingst ziemlich verschlafen. Was ist denn mit dir los? Ist der Nachhilfeunterricht so anstrengend?»
«Nun ja, eigentlich ja nicht, das heisst, ich weiss es nicht»
«Jérôme, weisst du eigentlich, dass ich mir verdammte Sorgen um dich mache? Wo in aller Welt steckst du bloss?! Zu Hause auf jeden Fall nicht und den Nachhilfeunterricht besuchst du offenbar auch schon seit Tagen nicht mehr»
«Hmm, ja das ist so eine Geschichte. Ich bin gerade in Kroatien zusammen mit Pedro und Mick. Wir machen hier ein wenig Ferien. Entspannen und so.»
« --- »
«Hallo?»
«Ich bin tief enttäuscht von dir. Ich habe für dich extra einen Nachhilfekurs organisiert und dann das.»
«Jaaa, aber der eine Nachhilfelehrer meinte, ich solle es besser sein lassen, wenn mir die Motivation fehlt»
«Ich weiss, das hat er mir auch erzählt. Aber weshalb fehlt dir die Motivation? Versteh' doch bitte endlich, dass du es für dich tust. Es ist dein Leben und nicht meins»
«So kommt es mir aber manchmal nicht vor»
«Wie meinst du das?»
«Du sagst ständig ich würde es für mich tun. Aber eigentlich ist das, was ich angeblich für mich tun würde, bloss das, was du willst. Du presst mich ständig in das Korsett deiner Vorstellungen und lässt mich gar nicht leben. Ich will meinen Weg gehen, verstehst du? Ich will das werden, was ich will und nicht das, was du willst»
«Das ist doch nicht wahr. Ich habe dir stets grosse Freiheiten gegeben. Du konntest tun, was du wolltest und ich habe dich immer unterstützt»
«Ja, materiell vielleicht. Aber zwischenmenschlich? Hast du mir jemals das Gefühl gegeben, dass du das gut findest, was ich tue? Hast du nicht!»
«Das ist unfair, Jérôme!»

Ihre Stimme wurde wieder weinerlich und überschlug sich. Wie ich solche Situationen hasse.

«Es tut mir Leid. Es war nicht so gemeint»
«Jérôme, ich möchte, dass du nach Hause kommst bzw. zu jemandem gehst, den ich gut kenne. Ich bin ja noch mehr als eine Woche in den USA und ich mache mir Sorgen um dich. Ich habe das Gefühl, dass du Probleme hast und kurz davor bist, in irgendein Loch zu fallen. Mach mir einen Gefallen und reis zu Onkel
László nach Balatonberény. Ich habe bereits mit ihm gesprochen und er würde sich sehr über deinen Besuch freuen»
«Hmm...ich weiss nicht, ich mag Onkel László ja, aber ich weiss nicht recht. Was soll ich denn dort machen?»
«Dich entspannen und zu dir finden»
«Als ginge das so leicht»
«Jérôme, bitte. Dann tu' es halt für mich...»
«Hmm...ich werd's mir überlegen»
«Ok. Aber überlegs dir nicht zu lange. Onkel László wartet auf deinen Anruf. Und gib mir auch Bescheid»
«Jaja, ist ok. Tschüss»
«Mach's gut, Jérôme. Ich liebe dich»
«Ja...»

Ich weiss echt nicht recht, was ich machen soll. Soll ich gehen oder nicht? Ich glaube, ich lass' es einfach mal auf mich zukommen und warte ab.

6 Kommentare:

  1. Was passiert, wenn du nicht gehst?

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  2. Es würde wohl nicht wirklich etwas passieren, aber es würde sie enttäuschen und sie würde mir dann wohl ständig damit in den Ohren liegen...

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  3. ich finde, du solltest dein leben so leben, wie DU es willst, und nicht so wie deine mutter es gerne hätte...

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  4. Hm. Du bist 18, oder? Wenn ja, mach was du willst. Obwohl .. Leute unter 18 sagen das wohl immer. :/

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  5. Ich fühle mich wie so ein stalker, weil ich nun alle deine Blogeinträge gelesen habe. Wenn ich du wäre, was ich nicht bin, würde ich nicht nach Hause gehen. Denn was wartet auf dich? Ärger, Stress eine enttäuschte Mutter. Was eigentlich in deinem Urlaub zählen sollte, sind die schönen Momente, die wunderwollen Dinge die du siehst das alles. Also geh lieber nicht nach Hause!

    Wie du Aline beschrieben hast, kommt sie süß rüber. Doch wenn sie wirklich eine Beziehung mit dir wollen würde, würde sie auf dich zukommen. Aber ich glaube nicht, denn sie hat ihren Freund, denn sie ja abgöttlich liebt. Wenn ich sowas höre könnte ich los kotzen. Große Liebe for ever oder was? Die Frage ist nur wie lang wird ihre Beziehung noch halten?

    Du wirst ein Mädchen finden, was sich für dein Leben interessiert, die dir gerne zuhört, die dich gerne glücklich machen möchte und auch deine Macken kennen lernen möchte. Nicht jeder will einen Arschloch als Freund, nur meistes sind es dann welche. Ich wäre froh, wenn ich jemanden kennen gelernt hätte, der interessant, gebildet und lustig ist. Das du trinkst macht dich noch sympatischer so nebenbei, dass du ein blaues Auge hattest heißer.

    Das wichtigste ist, mach dir keine Vorwürfe. Du bist nicht allein, dem so geht.

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  6. Danke dir, liebe Anonym, für deine super netten Worte. Es tut gut zu wissen, dass da jemand ist, der einen versteht =)

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