Donnerstag, 1. Juli 2010

Zweiter Eintrag

Erster Tag des Monats. Habe Geld von meinem Vater erhalten. In der Schule waren wieder alle hektisch, da Hohler, Cohen und Hauschild auf die nächste Woche Prüfungen angekündigt haben. Es ist immer dasselbe, kurz vor den Ferien zwingen sie alle uns noch ihre Prüfungen auf. Hohler geht mir auf die Nerven. Ständig tut er so, als sei Mathematik das Wichtigste, was es auf Erden gibt. Er hat damit natürlich absolut Recht. Schon mal probiert ein Gipfeli beim Bäcker zu bestellen ohne vorher eine Differentialrechnung gemacht zu haben? - Absolut unmöglich!

Nach der Schule nahm ich das Dreiertram und fuhr zur Bahnhofsstrasse. Im Globus habe ich mir weisse Sneakers von Victoria und schwarze Shorts von Topman gekauft. Hat nicht einmal 200.- gekostet. Daraufhin ging ich noch kurz zu H&M rüber. Ich blieb nicht lange. Der Laden war voller Ed-Hardy-tragenden Idioten. Wie kann man nur?! Ich meine...Ed Hardy. Das seht wie hingekotzt und hingeschissen aus - das ist total prollig. Aber wen wundert es schon? Man muss sich die, die das tragen bloss einmal anschauen. Alles Automonteurlehrlinge, Callcenter-Agenten oder Verkäufer. Die können ja nicht kapieren, dass dieser Ed Hardy sie total über den Tisch zieht und seine T-Shirts und Trucker-Caps niemals ihren Preis wert sind!

Ich ging nach Hause. Die Haustüre war nicht verschlossen. Das erschien mir kurz merkwürdig. Dann kam mir in den Sinn, dass meine Mum und ihr LAP (Lebensabschnittspartner) Mike ja heute ihr Dreijähriges feiern; ich vermutete, dass er heute sicher wieder für sie kochen wird, wie er dies bereits die letzten beiden Male getan hat. Ich hatte Recht. Mike bereitete in der Küche irgendetwas zu. Es roch nicht sonderlich gut. Auf dem Stubentisch stand wie immer so ein teurer Rotwein. Chateau Mouton Rothschild.

'Hallo Jérôme. Na alles klar bei dir?' schleimt er.
'Jaja' sage ich.
Bescheuert labert Mike weiter 'Heute koche ich. Mal etwas Anderes. Ist eine Überraschung für deine Mutter'
'Ja das sehe ich. Wieder mal ein Jahrestag?' frage ich ihn
'Genau. Heute sind's schon drei Jahre. Was hast denn du in diesen Säcken? Warst du wieder Geld verprassen?' sagt er und ich halte es kaum aus.
'Ja Mike, ich war 'Geld verprassen', wie du es nennst. Aber was geht es dich eigentlich an? Ist ja nicht dein Geld. Und überhaupt. Dein Fusel war ja wohl teurer, als meine Klamotten. Von den Klamotten hab' ich morgens wenigstens noch etwas, während du deinen tollen Wein in die Kanalisation runterpisst'. Das sass.
Nach einer Weile antwortet er: 'Verdammt nochmal, pass auf, was du sagst! Ich liebe deine Mutter und sie ist mir das nun einmal Wert!'
'Recht hast du. Du liebst sie und das ist genau das Problem.'

Meine Mutter kommt nach Hause.

'Was ist denn hier wieder los?'
'Nichts nichts, Jérôme und ich haben nur ein kleines Gespräch' sagt der Schleimkloss und versucht die Lage zu beschwichtigen.
'Ein kleines Gespräch? Mike nervt. Ständig mischt er sich überall ein und meint mir Dinge vorschreiben zu können. Und sowieso, mich scheisst das hier alles göttlich an!'
'Bitte, Jérôme. Nicht schon wieder.' meint meine Mutter.

Tränen in ihren Augen. Ich hasse das alles so sehr. Ich verziehe mich in mein Zimmer und bleibe dort.

1 Kommentar:

  1. ich mag deine ehrliche schreibweise und deinen schreibstil.

    kleiner Trost: auch mein Zürifäscht war verschissen. Totverschissen.

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