Sonntag, 18. Juli 2010

Achtzehnter Eintrag

Im Nachhinein weiss man es häufig besser. Mir kommt es nun im Rückblick auch so vor, als sei es äusserst dumm von mir gewesen, Aline am Jahresabschlussball zu besuchen. Aber eigentlich war es vorausschaubar gewesen. Ich zog zwar meinen neuen Anzug an, stylte mich auf und nahm allen Mut zusammen, nur änderte das doch nichts an der Tatsache, dass sie mit ihrem Freund dort war.


Irgendwie hatte ich schon von beginn weg ein merkwürdiges Bauchgefühl, als ich gegen neun die Turnhalle der HoPro betrat, wo der Ball statt fand. Fast überall wo ich hinsah erblickte ich Pärchen und nur vereinzelt irgendwelche Freaks und Nerds, die unter ihresgleichen herumalberten. Ich fühlte mich verloren und gleichzeitig von allen Seiten her beobachtet. Dass ich mich gegen eine Wand drückte und ihr gesenkten Blickes entlang schlich, änderte wenig an dieser Tatsache. Nachdem ich mich langsam an den Betrieb hier anklimatisiert hatte, stellte sich mir die eigentlich entscheidende Frage: Wie sollte ich sie hier bloss finden? Und was will ich überhaupt hier? Mir wurde bald klar, dass ich mir diese letzte Frage besser nicht stellen sollte, da sie dumm war und mich nicht weiterbringen würde. Deshalb entschied ich mich, der Ersten nachzugehen.


Da jeder hier wohl irgendwann einmal etwas trinken wird, beschloss ich zur Bar zu gehen und dort einfach so lange zu warten, bis sie einmal vorbeikommen würde. 'Ja, sie muss irgendwann einmal vorbeikommen' hörte ich mich selbst leise flüstern. Ich ging zur Bar und bestellte Rimuss. Richtig: Kein Alkohol für heute, denn Alkohol macht dumm. 


Und dann stand ich so da, an der Bar und blickte in die vorbeihuschende und tanzende Menge. Verliebte Pärchen,  schüchterne Annäherungsversuche oder kokettierende Mädchengruppen, war alles, was ich erblickte. Aline hingegen nicht. Um die Zeit herumzuschlagen, begann ich mich deshalb innerlich auf den Moment vorzubereiten, wenn ich auf sie treffen sollte. Als plötzlich aus der Ferne her eine mir bekannte Stimme meinen Namen durch die Menge schrie. Es war Marc. Schon wieder derselbe peinliche Auftritt, wie vor ein paar Tagen erst. Er kam auf mich zu und zog hinter sich irgend so ein blondes Ding mit sich her. Sie passte nicht hier her; zu viel Liedschatten, zu enges und vor allem auch zu kurzes Kleid - kurzum einfach nur plump, aber halt doch zu Marc passend. "Ey alter, was machst denn du hier?" schrie er und ohne meine Antwort abzuwarten laberte er weiter "Ganz alleine hier, was?! Hast halt nicht so eine schöne Begleitung wie ich am Start! Haha!" er schlich an mir vorbei und zog seine Tussi mit sich, so als ob er sie mir auf dem Präsentierteller vorführen wollte. Ich vernahm noch ein "machs gut, Loser!" aus seiner Richtung her, aber ich hörte nicht mehr wirklich hin, da ich ihn ziemlich bald schon zu ignorieren begonnen hatte.


Dann vergingen die Minuten und ich wartete noch immer. Aber ich blieb standhaft. Und dann irgendwann kam sie bzw. ihr Freund, der sie im Schlepptau führte. Er war ein hochgewachsener Grosskotz, wohl so an die 1.90 Meter gross, breites Kinn, sportliche Figur, die er im obligaten Ralph Lauren Polo-Shirt verpackte. Ich hasste ihn von dem Moment an, in dem ich ihn erblickte. Doch sie, sie erblickte mich nicht. Ich stand zwar nur ungefähr zwei Meter von ihr entfernt, aber sie hatte nur Augen für ihn und seinen ach so wohl geformten Rücken. Nachdem sie ihre Drinks gekauft hatten, wollten sie schon wieder gehen. Doch dann, als sie sich umdrehte, erblickte sie mich doch noch. In ihrem Gesicht blitzte Freude auf, die sich aber schon bald mit Unsicherheit zu vermischen schien. Sie kam auf mich zu und lächelte wieder etwas mehr "Hey! Was machst denn du hier?" Ich stockte einen Moment lang und vergass alles, was ich zuvor eigentlich zu sagen geplant hatte. Stattdessen stammelte ich irgendetwas von wegen "Bin mit einer Kollegin hier, ich begleite sie". "Echt?" fragte Aline "das ist lieb von dir! Wo ist sie denn?" ich merkte, wie ich mich irgendwie tiefer in die Scheisse hineinritt und brabbelte etwas von Toilette. 


Dann irgendwann drängte sich der Grosskotz an Alines Seite vor, woraufhin sie uns miteinander bekannt machte. Sie stellte ihn mir als Sascha vor. Als jener erfuhr, wer ich bin, begann er wohl zu kapieren, was hier los war. "Ist das nicht der, mit dem du gestern fort warst?" wendete er sich mit leicht aggressivem Unterton an Aline. "Hmm, ja genau. Jérôme ist ein total lieber und hilfsbereiter Typ, nicht wahr?" sagte sie vor sich hin und wusste wohl in dem Moment selbst nicht mehr, wie ihr geschieht. Sie errötete und schaute zu Boden. Die Hackfresse trat daraufhin zwischen Aline und mich und starrte mir aggressiv in die Augen. Ich erwiderte den Blick und dachte nicht daran, Klein bei zu geben. Daraufhin zischte er "Ich geb dir einen guten Rat: Lass deine Finger von ihr und zisch schleunigst ab". Merkwürdigerweise imponierte er mir überhaupt nicht. Er schien mir in seinem betont männlichen Verhalten bloss verkrampft und lächerlich. Ich erwiderte ihm "Und ich geb dir den Rat besser weniger mit deinen Freunden saufen zu gehen und stattdessen deine Freundin so zu liebe, wie sie es verdient hätte". Der verbale Schlag sass offenbar, denn das gewaltige Kinn meines Gegenübers sauste herunter und begann zu zittern. Plötzlich packte er mich mit beiden Händen am Kragen und drückte mich gegen die Bartheke. Ich wehrte mich nicht, es war mir zu dumm. Und auch schon kurz darauf schritt Aline schreiend dazwischen und drückte den Vollpfosten bei Seite. Sie schimpfte auf ihn ein und ich ging. Langsam, aber bestimmt. 


Ich wusste nicht recht, ob ich wütend oder einfach nur enttäuscht war. Ich glaube, am ehesten kotzte mich das einfach alles an. Die Zielscheibe irgendwelcher Aggressionen zu sein und immer dieses Pech mit den Mädchen. Das ist dann wohl der Arschlochfaktor. Arschlöcher kommen gut an, aber Typen wie ich, die es ehrlich meinen, bleiben aussen vor. Ich bin gerade einfach nur frustriert und geh' wohl nochmals schlafen. 

3 Kommentare:

  1. Das Layout von deinem Blog gefällt
    mir gut :))
    Lg!

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  2. Du schreibst ehrlich und das ist doch genau das, was deinen Blog einzigartig macht. Eben genau Gefühle und das was dich bewegt. Danke, dass wir das lesen dürfen.
    a lese ich den einen Post und freue mich gleich auf den nächsten. Wunderschön.

    <33.,

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  3. @Louisa: Danke, man tut was man kann :)

    @Tomiii: Herzlichen Dank; es freut mich, dass du das schreibst, denn in deinem Blog schreibst du ja auch ähnlich offen über deine Gefühle und was dich gerade bewegt. Weiter so :) Lg

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